100 Jahre Pesalozzischule
Jutta Kynast für das Team der Pestalozzischule Goslar, Förderschule Lernen
38640 Goslar, den 19.3.2020
Schulfest „100-Jahre- Pestalozzischule“ muss verschoben werden
Am Montag, dem ersten „wegen der Coronakrise schulfreien Tag“ wurde es in kleiner Lehrergesprächsrunde deutlich: der Junitermin der geplanten Schulfestes „100-Jahre-Pestalozzischule“ kann nicht gehalten werden.
„Selbst wenn nach den verlängerten Osterferien der Schulbetrieb wieder anläuft, so gibt es doch dringendere Aufgaben als die Vorbereitung einer gemeinsamen Feier. Einiges ist bereits gelaufen, aber das Festkomitee braucht mindestens vier Wochen Vorlaufszeit, um eine Feier zu stemmen, die eines 100-jährigen Jubiläums würdig ist!“ so meint die Schulleiterin Martina Schimmelmann mit ihrem Team. Die Planungsgruppe hatte bereits mit der Sponsorensuche begonnen und erfreulicherweise schon einige Sachspenden zur Ausstattung der großen Tombola erhalten. Schülerinnen und Schüler waren unterwegs gewesen und hatten sich nicht gescheut, Geschäfte um „Giveaways“ zu bitten. Dankenswerterweise erfolgreich – im Übrigen.
Viele Programmpunkte und Schulfestaktivitäten liegen jetzt auf Eis. So muss sich die Theater-AG unter Leitung der Lehrerin Anna Jedenak gedulden, Kulissen sind im Bau, Proben müssen unterbrochen werden.
Auch die Zehntklässler sind im Wartemodus: sie hatten das Stadtarchiv besucht und dort recherchiert, was in den 100 Jahren mit der Pestalozzischule alles geschehen ist. Die Schule wurde 1920 mit 28 Schülern in der Altstadt gegründet. In „Hochzeiten“ wurden 287 Schüler dort beschult. Es wurde deutlich, dass es - wie die GZ 1995 vermeldete - zum 75-Jährigen bereits einen „großen Bahnhof“, eine große Feier, gab, und dem will die Schule heute nichts nachstehen.
Die Zehntklässler fertigten einen riesigen Stadtplan an mit allen Standorten der vergangenen 100 Jahre. Für diesen müssen noch die zahlreichen Gebäude fotografiert werden, die die Pestalozzischule beherbergten.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, so die Meinung der Schulleitung.
Der neue Schulfesttermin wird der 25. September sein.
Dann allerdings – so hoffen alle Zehntklässler, sind sie - mit dem Hauptschulabschluss in der Tasche - nicht mehr Schüler dieser Schule, sondern nur als Gäste dabei.
GZ vom 19.05.1995
Die Pestalozzischule feiert in dieser Woche ihr 75jähriges Bestehen – Großer Bahnhof beim Festakt
Heute als gleichberechtigte Schulform anerkannt
GOSLAR. Eine große Gemeinde war gestern zum Festakt für das 75jährige Bestehen der Pestalozzischule in die Turnhalle gekommen und machte damit eines deutlich: die Sonderschule hat gleichberechtigt neben anderen Schulformen ihren Stellenwert in Goslar, das war nicht immer so.
Schulleiter Hannes Schneider wies in einem Festvortrag von bemerkenswerter Klarheit auf die Entwicklunghin. Zu Anfang des Jahrhunderts war es dem Goslarer Magistrat noch „wichtiger und richtiger“, das Schulwesen für die „normalbegabten“ Kinder auszubauen; vorrangig vor einer Klientel, der nach Schneider „die Familie und das Umfeld, ja die Gesellschaft vielleicht versagt haben". Und auch noch 1970 hatten andere Schulbauten Priorität. Ganz zu schweigen von der Pervertierung der pädagogischen Idee im 3. Reich. Schneider zitierte aus damaligen Schulkonferenzen und kam zu dem Ergebnis, dass „Rassegesetze, Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, Sterilisation, Sippentafeln und Euthanasie womöglich“ auch die Pestalozzischule erfasst hätten.
Die heutige Sonderschule mit dem Ziel der Integration in ein normales Leben sei ein schwerer Prozess, warnte der Rektor bei aller Festfreude vor Selbstbetrug; „30 Prozent der ehemaligen Sonderschüler gehören zu den Dauerarbeitslosen.“ Vor allem in Richtung Politik ging sein Appell, Sonderschule nicht „schlicht aus Gedankenlosigkeit zu vergessen“.
Schulaufsichtsamtsleiter Joachim Stübig versuchte Sorgen u.a. mit Hinweis auf Integrationsklassen und Kooperation mit anderen Schulformen zu zerstreuen: Die Sonderschule moderner Prägung werde nicht abgewertet, sondern vielmehr gestärkt. Oberbürgermeisterin Marta Lattemann-Meyer vollzog als Repräsentantin des Schulträgers die jüngere positive Entwicklung noch einmal nach: „Sie sind bis 1985 ganz schön herumgezogen“, formulierte sie in Anspielung auf die Entscheidung des Rates vor zehn Jahren, der Pestalozzischule an der Heinrich-Pieper-Straße endlich ein festes Domizil zu verschaffen.
Auch die heimische Wirtschaft hat die Schule entdeckt, davon zeugten die Spenden für die Festchronik, die von den Schülern erfolgreich in der Stadt verkauft wurde. Darin dokumentierte sich ebenso neues Selbstwertgefühl wie in den gelungenen Beiträgen beim Festakt, vom Singspiel „Das Dschungelbuch“über Tanz- und Trampolindarbietungen bis hin zu Sketchen. Auch dem morgigen Tag der offenen Tür (9 bis 12 Uhr) fiebern die Kinder optimistisch entgegen, hgb